FASZINATION FOTOGRAFIE
Die Fotografie ist das Medium der Gegenwart. Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurden so viele Momente festgehalten, noch nie wurde die menschliche Wahrnehmung so stark von Bildern geprägt wie heute. Das Essl Museum widmet sich mit der breit angelegten Schau Faszination Fotografie der Magie dieses Mediums. Zu sehen sind Werke von einigen der bedeutendsten lebenden FotografInnen und auch interessante Neuentdeckungen.
Was ist das Faszinierende an der Fotografie? Ich möchte darauf eine sehr persönliche Antwort geben und in assoziativen Themenräumen Werke von Fotografinnen und Fotografen vorstellen, die sich mit Natur und Mensch, Gesellschaft und Architektur auseinandersetzen und dadurch ihre Sicht auf den Menschen und eine globalisierte Welt freilegen, so der Kurator der Ausstellung Günther Oberhollenzer.
Schon mit den ersten Fotoapparaten im 19. Jahrhundert begann deren künstlerische Nutzung. Lange Zeit blieb der künstlerische Wert der Fotografie umstritten und sie wurde auf ihren rein dokumentarischen oder auch dienenden Charakter reduziert. Mittlerweile hat sich durch das Aufkommen der Massenmedien, die fortschreitende Digitalisierung und die damit erweiterten künstlerischen Praxen viel in der Kunstrezeption verändert und so gehört die Fotografie heute ohne Zweifel zu den wesentlichen Medien der bildenden Kunst.
Die Werke in der Ausstellung Faszination Fotografie bilden ein breites Themenspektrum ab und laden zur Diskussion über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wie etwa Freizeitindustrie und Stadtentwicklung ein. Unterschiedlichste fotografische Arbeitsmethoden – hier reicht die Bandbreite von digital manipulierten Bildern bei Andreas Gursky bis zu dokumentarischen und gesellschaftskritischen Ansätzen bei Ricarda Roggan oder Tal Adler – zeigen aber auch auf beeindruckende Weise, welch visuelles und sinnliches Erlebnis Fotografie darstellt und ermöglichen außergewöhnliche Dialoge zwischen sehr unterschiedlichen künstlerischen Positionen.
Kurator Günther Oberhollenzer zeigt Werke, die den Blick des Menschen auf die Natur thematisieren: Fotografien mit wilder, ungezügelter Natur stehen Arbeiten gegenüber, in denen der menschliche Eingriff in die Landschaft kritisch betrachtet wird. Das fotografische Porträt ist spätestens seit Facebook und dem „Selfie“-Kult allgegenwärtig. Bilder in nüchterner Passfotoästhetik treffen auf pathetisch aufgeladene Sujets, Kinderfotos und Fotos junger Liebender auf eine Werkserie, die die Schönheit des Alters zeigt. Daneben sind auch Fotoarbeiten von Südafrika über den Iran bis nach Israel zu sehen, in denen die kulturelle Identität und das gesellschaftliche Umfeld der Dargestellten im Mittelpunkt stehen. Architektur ist immer mit Geschichte aufgeladen. Kirchliche Interieurs und Museumsräume stehen in Dialog mit kommunistischen Versammlungsräumen, inszenierten Künstlerateliers und digital manipulierten Innenräumen. Am Ende steht die Auflösung des Fotomotivs. Hier zeigt Oberhollenzer etwa eine Werkserie des Künstlers Mike Kelley, der 2012 verstorben ist. Darin verschwimmen die Konturen und die Landschaft verschwindet in der Dunkelheit.
Gezeigt werden Werke von Tal Adler, Judy Dater, Thomas Demand, Elger Esser, Günther Förg, Dorothee Golz, Andreas Gursky, Hai Bo, Candida Höfer, Axel Hütte, Ayesha Kapur, Mike Kelley, Kund Kopacz, Marie Luise Lebschik, Ken Lum, David Lurie, Jumana Manna, Miao Xiaochun, Mu Chen, Muntean / Rosenblum, Shirin Neshat, Walter Niedermayr, Lucia Papčo, Nina Pohl, Lisl Ponger, Lois Renner, Bettina Rheims und Serge Bramly, Ricarda Roggan, Thomas Ruff, Eva Schlegel, Shao Yinong, John Silvis, Ana Sluga, Melanie Smith, Thomas Struth, Massimo Vitali Alle Werke stammen aus der Sammlung Essl.